Am 29. April 1998 trat das Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts in Kraft. Ziel war unter anderem die schnelle Einführung von Wettbewerb auf dem deutschen Strommarkt. Zur Ausgestaltung der Gesetzesspielräume setzten sich der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), die Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW) und der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft e.V. (VIK) zusammen. Die "Verbändevereinbarung über Kriterien zur Bestimmung von Durchleitungsentgelten" vom 22. Mai 1998 schuf die Basis für die Möglichkeit zum Wechsel des Energieversorgungsunternehmens für Privat- und Geschäftskunden und damit auch die Existenzgrundlage für Provider auf dem Strommarkt.
Im Dezember 1999 wurde eine neue Vereinbarung vorgestellt. Nunmehr spricht man von Netznutzungs- statt von Durchleitungsentgelten, einen entfernungsabhängigen Anteil gibt es nicht mehr. Statt dessen sind zwei Handelszonen (Nord und Süd) eingerichtet worden. Bei einem Energieaustausch zwischen diesen Zonen ist für den Saldo der ausgetauschten Energiemengen ein Entgelt von 0,25 Pf/kWh zu zahlen. Das kartellrechtliche Verfahren zu dieser Regelung (Wettbewerbsvorteile für Fusionskandidaten wie Veba/Viag) steht noch aus.
Die Musik wird derweil auf der Ebene des schnellwachsenden Strommarktes gemacht. Neue Player am Markt, kürzere Kontraktlaufzeiten, die Einrichtung von Strombörsen und die damit verbundene hohe Volatilität des Strompreises sind einige Zeichen für die wachsende Bedeutung des Handels mit elektrischer Energie.
Dabei wird an den sogenannten Strombörsen nicht mehr nur Strom gehandelt, ein Großteil der Transaktionen wird nur noch als Papiergeschäft getätigt. Der Zweck der Bedarfsdeckung tritt so immer mehr in den Hintergrund. Für kleine bis mittelgroße Marktteilnehmer, für die die Zulassungsbeschränkungen zu den institutionellen Handelsplätzen eine Barriere darstellen, ist die isolierte Betrachtung der Bedarfsdeckung unter Minimierung der Beschaffungskosten vonnöten.
Meine Arbeit liefert eine Analyse des deutschen Energiemarktes nach der Deregulierung im allgemeinen und der Situation der Strombeschaffung für Provider im besonderen. Die Art und Struktur der Beschaffungsproblematik mit den ihr innewohnenden Subproblemen wird geklärt und der Einfluss von Durchleitungsgebühren, am Markt zurzeit nicht bestehenden Rabattierungsformen oder eigenen Erzeugungskapazitäten untersucht. Aufgrund der herausgestellten Planungssituation ist ein mathematisches Modell entwickelt worden, das den Prozess der Strombeschaffung abbildet und mit dem die Qualität der zu treffenden Beschaffungsentscheidung optimiert werden kann. Das Modell ist mit Hilfe eines evolutionären Lösungsverfahrens (Threshold Accepting) und einer Programmierung in Visual Basic 6.0 implementiert und anhand ausgewählter Szenarien auf seine Lösungsgüte und Plausibilität überprüft worden.