Vodafone-Shop Jungfernstieg Hamburg

Wie Multi-Channel (noch) nicht funktioniert. Beispiel Vodafone

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Multi-Channel ist eines der aktuellen Modewörter, wenn es um die Zukunft des Handels geht. Verkürzt gesagt beschreibt es die Fähigkeit eines Händlers oder einer Marke, auf vielen oder allen (Omni-Channel) Kanälen mit dem Kunden auf Augenhöhe zu kommunizieren, mit ihm Geschäfte zu machen und alle Aspekte der Kundenbeziehung zu managen. Fürwahr ein nicht geringer Anspruch. Dennoch wächst dieser nicht nur beim Kunden – die Marketing-Kommunikation der Händler lässt uns glauben, das alles ginge schon. Wie ich gerade feststellen musste, steht Vodafone sich bei der Umsetzung noch sehr stark selbst im Weg.

Ich besitze noch ein zweieinhalb Jahre altes iPad, das ich derzeit nur im heimischen WLAN betreibe, da die SIM-Karte nebst Vertrag meinem alten Arbeitgeber gehörte. Das wollte ich ändern, um auch unterwegs die Vorzüge des Tablets nutzen zu können.

Nach einiger Recherche kam ich darauf, einen Datentarif bei Vodafone abzuschließen, was ich am 17. September tat. Online natürlich, wo ich noch 10% Rabatt nutzen konnte. Als Option im Checkout-Prozess wählte ich die Lieferung in die noch frische und junge Flagship-Filiale am Hamburger Jungfernstieg. Soweit so gut. Scheinbar hat Vodafone die Filialen in sein E-Commerce-Geschäft mit einbezogen – löblich und fortschrittlich. Doch weit gefehlt:

Am 22. September bekam ich eine Nachricht von Vodafone: „Ihre Lieferung ist auf dem Weg zu Ihnen“. Juhu! Einige Tage später, genauer am 30.9., schaute ich beim Vodafone-Shop meiner Wahl vorbei. Gleich am Eingang wurde ich abgefangen – und zunächst einmal in die „Warteschleife“ geschickt. Eine Viertelstunde später hatte ein Mitarbeiter Zeit, aber lediglich eine kurze Antwort für mich parat: „Wenn Sie noch nicht gehört haben, dass die Sendung hier eingetroffen ist, dann ist diese auch noch nicht hier. Sie werden auf jeden Fall benachrichtigt.“ In Ordnung, da war ich wohl etwas zu ungeduldig.

Da das Thema bei mir nicht oberste Priorität hatte, machte ich mir keine Gedanken und ließ es erst einmal ruhen. Von Zeit zu Zeit dachte ich wehmütig an meinen fehlenden Datentarif und an Vodafone. Groß war jedoch mein Erstaunen, als ich feststellte, dass am 10. Oktober die erste Abbuchung von Vodafone auf meinem Bankkonto erfolgt war. Moment mal, ich hatte bisher noch kein Byte Daten verbraucht und zahlte schon – was denn?

Heute hatte ich nun Gelegenheit, der Sache auf den Grund zu gehen und schaute wieder bei Vodafone vorbei. Der freundliche Mitarbeiter am Eingang stellte mir gleich eine entwaffnende Frage: „Warum haben Sie denn im Internet bestellt? Wir könnten das jetzt stornieren und Sie schließen dann neu bei uns ab.“ Ja, sicher könnten wir das – und ich verstehe auch, dass die Filiale Umsatz- und die Mitarbeiter provisionsgetrieben sind. Aber wo bitte ist mein Vorteil? Ich habe doch bereits einen Vertrag abgeschlossen? Sodann wurde ich an eine junge Mitarbeiterin übergeben, die zunächst meinen Ausweis haben wollte. Wofür das denn gut sei, wollte ich wissen. „Nun, damit wir Ihre Sachen raussuchen können!“ Sprach’s, gab meinen Ausweis an einen dritten Mitarbeiter weiter, verschwand im Personalraum und ließ mich wie Pik sieben im Verkaufsraum stehen. Ab und zu kamen weitere sehr freundliche Mitarbeiter vorbei und fragten, ob ich „schon bekäme“. Meine Antwort war stets „ich hoffe“. Dann tauchten tatsächlich die beiden Abgeordneten wieder aus dem Lager auf und verkündeten mir, dass meine Karte zwar dagewesen, aber mittlerweile zurückgeschickt sei. Damit wäre der Vertrag ja nun hinfällig und ich könnte bei ihnen einen neuen abschließen. Häh? Ich lehnte freundlich aber bestimmt ab, solange der bestehende Vertrag nicht im gleichen Atemzug von den Filialmitarbeitern gekündigt würde. Doch dazu waren diese offenbar nicht in der Lage und verwiesen mich an die Vodafone-Hotline. Ich scheiterte somit komplett am Vodafone-eigenen Multi-Channel-Anspruch: Im Gespräch wurde mehr als deutlich, dass E-Commerce und Filialbetrieb zwei völlig verschiedene Paar Schuhe sind, auch wenn die Lieferung in die Filiale anderes verspricht.

Mein Recherchetrieb ist nun aber geweckt und ich habe mir noch einmal die E-Mail-Kommunikation von Vodafone angeschaut: Da war doch auch ein Link zur Paketverfolgung drin. Dieser weist genauestens den Verlauf der Sendung aus – und nun kommt es wirklich dicke: Offenbar hat die Vodafone-Filiale am Jungfernstieg die Annahme der für mich bestimmten Sendung bereits am 23. September verweigert, worauf diese zu Vodafone retourniert wurde?!?

GLS-Tracking
GLS-Tracking

Jetzt aber endlich: Anruf bei der auf der Vodafone-Website ausgelobten Hotline. Die Verbindung mit dem ersten Mitarbeiter wird genau in dem Moment unterbrochen, als ich ihm das ganze Ausmaß des Problems geschildert habe. Na bravo! Zweiter Versuch: Ich rattere meinen Text nun fast schon auswendig herunter, inklusive aller Tracking- und Kontoinformationen. Daraufhin werde ich an die Service-Hotline verwiesen – die ist aber mit iPhone-Bestellungen hoffnungslos überlastet. Dritter Versuch zwei Stunden später – dieses Mal rufe ich gleich die richtige Nummer an. Und die Dame kann tatsächlich helfen. Laut ihrer Information ist die Ware zwar am 25.9. in der Filiale angekommen, aber ich bekomme nun wohl tatsächlich noch diese Woche eine neue Karte zugeschickt und außerdem noch den Anschlusspreis erlassen.

Am Ende hat mich Vodafone knapp als Kunden gehalten. Alles gut, könnte man meinen. Drei Dinge habe ich jedoch gelernt und werde sie weiter beobachten:

  1. Multi-Channel-Commerce und -CRM sind eine Mammutaufgabe. Vodafone ist noch lange nicht in dieser gewünschten kombinierten Online-Offline-Welt angekommen. Ein wesentlicher Grund dafür scheint mir in der Motivation der Filialmitarbeiter zu liegen. Diese ist vorhanden, jedoch vor allem in Richtung von eigenem Umsatz gerichtet, das haben mir die Gespräche in der Filiale gezeigt. Mit diesem Ansatz lässt sich jedoch keine durchgängige Kommunikation erreichen. Der Kunde macht schon lange keinen Unterschied mehr zwischen Online-Markenauftritt / Webshop und den Läden vor Ort. Er erwartet, dass die Mitarbeiter in der Filiale in der Lage sind, alle Aufträge zu bearbeiten, egal wo sie abgeschlossen worden sind. Es bleibt also noch viel Arbeit für die Zukunft bei Vodafone.
  2. Kundenfreundlichkeit in der Filiale ist ein wichtiges Aushängeschild einer Marke – egal wo der Umsatz gemacht wird. Das haben allerdings die betreffenden Mitarbeiter in der Filiale am Hamburger Jungfernstieg noch nicht verinnerlicht. Angefangen von einer ordentlichen Kommunikation, über ein Gespräch auf Augenhöhe bis zum Respekt vor den Wünschen des Kunden.
  3. Im telefonischen Kundenservice haben sich in den letzten Jahren deutliche Verbesserungen ergeben – wenn man denn die richtigen Ansprechpartner identifizieren kann. Auf der Website ist da noch Verbesserungspotenzial vorhanden. Die Mitarbeiterin, mit der ich am Ende sprach, hatte aber die richtige Problemlösungskompetenz und auch Möglichkeiten in ihrem Einflussbereich, um mein spezifisches Problem auch wirklich aus der Welt zu schaffen.

Ich warte damit gespannt darauf, ob mir meine neue SIM-Card denn nun auch wirklich zugeht. 

 

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